Er ist laut! Sie stört ständig! Er kann sich überhaupt nicht konzentrieren! Dies und vieles mehr bekommen Eltern von AD(H)S-Patienten oft zu hören. Sicher ist der Umgang mit unaufmerksamen Kindern eine größere Herausforderung für Lehrkräfte. Aber es gibt durchaus Tricks, die Ihnen und den Schülern das Leben erleichtern können.
Die Abkürzung ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Ihre drei Kernsymptome sind Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität – wobei sie es auch ohne Hyperaktivität (ADS) auftreten kann. Bei den Betroffenen können sich verschiedene Symptome äußern – und das auch in unterschiedlicher Ausprägung. Deshalb ist es schwer, überhaupt eine Diagnose zu stellen. Schwierigkeiten in einzelnen Situationen wie zum Beispiel im Unterricht lassen deshalb nicht automatisch auf AD(H)S schließen.
Die Medien haben sich dem Thema in den letzten Jahren intensiv gewidmet. Sie haben dazu beigetragen, dass die Störung bekannt wurde – und man den Begriff mittlerweile allzu schnell verwendet. Als Lehrkraft ist es deshalb nicht ratsam, voreiligen Schlüsse zu ziehen und die Eltern sofort zu konfrontieren. Die haben es nämlich nicht gerne, wenn das eigene Kind vom Lehrpersonal diagnostiziert wird. Was also tun?
- Beobachten
Wenn Sie befürchten, dass ein Kind unter AD(H)S leidet, beobachten Sie sein Verhalten erst einmal eine Zeit lang. Halten Sie Ihre Beobachtungen schriftlich (und am liebsten wertneutral!) fest. Dann können Sie sich später auf konkrete Ereignisse berufen.
- Kommunizieren
Falls sich ihr Verdacht erhärtet hat, gilt es, zunächst mit den Eltern zu sprechen. Dabei sind Achtsamkeit und Empathie gefragt. Wie würden Sie sich fühlen, wenn eine vermeidlich fremde Person eine solche Vermutung über ihr Kind äußert? Zeigen Sie sich besorgt und versuchen Sie, sachlich zu bleiben und die Eltern nicht in die Ecke zu drängen.
- Zusammenarbeiten
Der Dialog mit Mitstreitern ist nützlich! Holen Sie Erfahrungswerte ein und lassen Sie Kollegen an ihren Einsichten teilhaben. Finden Sie heraus, welche Ansätze die anderen Lehrer verfolgen und wie erfolgreich sie dabei sind. Konferenzen sind ein guter Anlass zum Austausch, aber auch das Klassenbuch kann genutzt werden: Wenn alle Lehrer eines betroffenen Kindes die gleichen Taktiken anwenden, ergibt sich eine wichtige wiederkehrende Struktur.
- Einbinden
Wenn ein Kind permanent den Unterricht stört, werden seine Mitschülern auch ihren Eltern davon berichten. Die geraten nicht selten in Sorge, ob das eigene Kind dem Unterricht folgen kann und genügend Aufmerksamkeit bekommt. Hier lohnt es sich, gemeinsam (!) mit den Eltern des betroffenen Kindes, nach Möglichkeiten zu suchen: Ist es sinnvoll, die anderen Eltern aufzuklären? Vielleicht sogar einen Infoabend über ADHS zu organisieren?
Aufmerksamkeit auf Klassenfahrten
Vor allem, wenn die Kinder Medikamente nehmen, stellt es Lehrkräfte vor eine schwierige Aufgabe. Aber das Kind von vornherein auszuschließen, kann nicht die einzige Lösung sein. Stellen sie sich vor, wie es sich fühlt, wenn die anderen vom Ausflug wiederkommen und von all den Erlebnissen berichten, die die Gemeinschaft zusammengeschweißt haben? Es ist ja ohnehin schon ein bisschen anders. Und welchem Kind gefällt das schon? Vorher sollte man lieber alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen:
Kann ein Elternteil oder zusätzliches Betreuungspersonal mitfahren? Kann man mit dem Kind verbindliche Abmachungen treffen? Können die Eltern jederzeit erreichbar sein? Können sie ihr Kind im Krisenfall abholen? Unterhalten Sie sich vorher ausführlich mit den Eltern. Sie können ihnen Details zum Alltag verraten und Tipps mit auf den Weg geben. Für betroffenen Kinder gilt im Allgemeinen: Sie brauchen sehr viel Struktur. Also sollte es an jedem Tag Punkte geben, die immer gleich sind.
Die Medikamenteneinnahme ist eines der heikelsten Themen: Sie muss schließlich auch für die Dauer der Klassenfahrt sichergestellt werden. Und die Verantwortung der Lehrkraft wächst weiter… Allerdings gibt es ein paar Punkte, an die Sie sich halten können, um für die Sicherheit von Kindern und Betreuern zu sorgen.
- Haftungsausschuss
Um auf der sicheren Seite zu sein: Lassen Sie sich durch die Eltern (und den Arzt!) von jeglicher Haftung freistellen. Dieses Schreiben sollte Name, Geburtsdatum und Wohnort des Kindes enthalten. Außerdem die Aufforderung der Eltern, dass das Lehrpersonal die Medikamente verabreichen soll. Dabei bietet es sich an, die Aufgabe der Lehrkraft genau zu definieren (WANN WELCHES Medikament in WELCHER MENGE und WIE verabreicht werden soll).
- Notfallplan
Überlegen Sie mit den Eltern im Vorhinein, was im Notfall zu tun ist. Lassen Sie sich Handynummern und Nummern des Arbeitsplatzes geben – und vergessen Sie auch die Nummer des behandelnden Arztes nicht.
- Kontrolle
Die Eltern sollten Ihnen eine begrenzte Anzahl an Tabletten geben. Beispielsweise für eine Woche oder für zwei Wochen. Lassen Sie sich von den Eltern aber schriftlich geben, wie genau das Medikament heißt und welche Pharmazentralnummer (PZN) es hat. Sind die Medikamente einmal in ihrer Obhut, stellen Sie zu jedem Zeitpunkt sicher, dass die Schüler keinen Zugriff darauf haben! Wenn es Zeit für die Einnahme ist, drücken Sie dem Kind nicht bloß die Tablette in die Hand. Kontrollieren Sie, dass es sie wirklich nimmt.
Natürlich klingt all das nicht gerade nach Zuckerschlecken. Aber auch Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit haben Aufmerksamkeit verdient. Sie werden früher oder später stolz sein, sich dieser Aufgabe gestellt zu haben.
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